Busdorfkirche

Das Andenken an die Heiligen feiern

Zum Gedenktag des seligen Bischofs Meinwerk am 7. August

Von Hermann-Joseph Rick

Der Brief an die Hebräer fordert auf: „Gedenket eurer Vorsteher, die euch das Wort Gottes verkündet haben. Schaut auf das Ende ihres Lebens und ahmt ihren Glauben nach“ (Hebr 13,7). Die Kirche hat diese Mahnung als heilige Verpflichtung aufgenommen. Am Todestag ihrer großen Zeugen – dem Heimgang ins ewige Leben – versammelte der Bischof die Gemeinde zur festlichen Liturgie. Noch heute gedenkt die Kirche eines Heiligen an dessen Todestag in Stundengebet und Messe. Ist der Todestag nicht bekannt, legt die kirchliche Autorität einen Gedenktag fest, möglichst auf eine Feria – einen Tag, auf den (noch) kein Heiligen-Gedenken fällt. Es ist aber auch möglich, mehrerer Heiliger an einem Tag zu gedenken.

Das führt zur Frage, wie der Gedenktag des seligen Bischofs Meinwerk auf den 7. August kam. Bei allen drei beatifizierten Paderborner Bischöfen ist der Todestag bekannt. Hans-Jürgen Brandt und Karl Hengst notieren in ihrem Buch „Die Bischöfe und Erzbischöfe von Paderborn“: Der heilige Hathumar starb am 9. August 815, der heilige Badurad am 17. September 862, der selige Meinwerk am 5. Juni 1036. Entsprechend hätten ihre Gedenktage liegen müssen.

Das ist nicht der Fall. Nach ebenfalls altem kirchlichen Brauch hat die Liturgie jener Heiligen, die in der ganzen Kirche oder in einem größeren ihrer Teile verehrt werden, den Vorrang vor der diözesaner Heiliger. Davon waren auch die Paderborner Bischöfe betroffen. Auf den 5. Juni (Meinwerk) fiel im nachtridentinischen Kalender der Gedenktag  des heiligen Bonifatius, des „Apostels der Deutschen“. Der 17. September (Badurad) war belegt durch den Tag „In Impressione SS. Stigmata S. Francisi“. Reicher bestückt war der 9. August (Hathumar): Neben der Vigil des heiligen Laurentius findet sich das Gedächtnis des heiligen Romano, zu denen später noch der heilige Pfarrer Johannes Maria Vianney kam. Dennoch wurde die Erinnerung an den Bischof Hathumar wach gehalten. Im Kalender des „Sursum Corda“ von 1948, dem Gebet- und Gesangbuch für das Erzbistum Paderborn, findet er sich unter dem 9. August. Das war die Situation bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil.

Zu den im Anschluß an das Konzil folgenden Reformen gehört auch eine gründliche Neugestaltung des liturgischen Kalenders. Dabei waren zwei Kategorien maßgebend: eine systematische und eine räumliche. Systematisch unterscheidet der Kalender Hochfeste, Feste und Gedenktage, wobei die Letzteren noch einmal differenziert werden in gebotene und nicht gebotene Gedenktage. Dabei gilt das Prinzip, daß ein Tag des höheren Ranges in der liturgischen Feier immer den Vorrang hat. Räumlich folgte auf den Generalkalender für die ganze römisch-katholische Kirche der Regionalkalender für einen bestimmten kirchlichen Bereich, z.B. für das deutschsprachige Gebiet, und diesem wiederum der diözesane Eigenkalender. Es ist leicht einzusehen, daß den Bistümern nur ein beschränkter Raum für die Ordnung ihrer Eigenfeiern blieb. Diese haben in der Regel den Rang eines nicht gebotenen Gedenktages. Es sind jedoch Ausnahmen möglich, wie etwa der Tag des heiligen Liborius als Patron des Erzbistums den Rang eines Hochfestes hat.

Für das Erzbistum Paderborn ergab sich dieses Bild. Der Todestag des seligen Meinwerk (5. Juni) ist im Generalkalender durch den gebotenen Gedenktag des heiligen Bonifatius, im Regionalkalender durch dessen Fest belegt. Er kam demnach für ein Gedenken des seligen Meinwerk nicht in Frage. Das gleiche Schicksal hatte der heilige Badurad (17. September). Hier findet sich im Generalkalender der gebotene Gedenktag des heiligen Bischofs und Kirchenlehrers Robert Bellarmin. Im Regionalkalender steht an diesem Tag der Gedenktag, später das Fest der heiligen Äbtissin Hildegard.

Anders verhält es sich mit dem 9. August, dem Todestag des heiligen Hathumar. Durch die Reform des Generalkalenders wie auch des Regionalkalenders war dieser Tag zur Feria geworden. Deshalb konnte in den Diözesankalender der Gedenktag des heiligen Hathumar eingetragen werden. Was aber war mit den Bischöfen Badurad und Meinwerk? Nach eingehender Püfung entschied Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt, diese beiden gemeinsam mit dem heiligen Hathmar zu feiern. So ist es auch, mit römischer Confirmierung, in den „Eigenfeiern für das Erzbistum Paderborn“ von 1984 auf Seite 66 verzeichnet: „Hl. Hathumar und hl. Badurad, sel. Meinwerk, Bischöfe von Paderborn“.

Ein Kalender ist kein ehernes Gesetz, sondern kann Veränderungen unterworfen sein, z.B. durch Neuzugänge oder Rangveränderungen. Davon war auch der Paderborner Diözesakalender betroffen. Der Vergleich der “Eigenfeiern für das Erzbistum Paderborn“ von 2014 mit ihrer Vorgängerin von 1984 läßt das erkennen. Drei Gedenktage sind neu hinzugekommen: die selige Ordensgründerin (Olpe) Maria Theresia Bonzel (9. Februar), der selige Niels Stenson (25. November) und der selige Adolf Kolping (4. Dezember). Doch sind auch die Folgen einer Rangerhöhung zu erkennen.

Papst Johannes Paul II. hatte die selige Märtyrerin Theresia Benedicta (Edith Stein) zur Mit-Patronin Europas proklamiert. Gleichzeitig wurde ihr Gedenktag zum Fest erhoben und auf den 9. August gelegt. Das hätte in der Paderborner Liturgie den Verlust der Paderborner Bischöfe bedeutet. Um die liturgische Erinnerung an sie zu sichern, entschloss sich Erzbischof Hans Josef Becker 2004, den Gedenktag der drei Paderborner Bischöfe auf die nächst mögliche Feria zu verlegen, das ist der 7. August. Dort ist seitdem ihr Gedenktag in den „Eigenfeiern“ aufgezeichnet. Daß also die heiligen Bischöfe Hathumar und Badurad sowie der selige Bischof Meinwerk in der liturgischen Erinnerung der Erzdiözese lebendig bleiben, ist zwei Erzbischöfen zu danken. Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt bestimmte, die drei Bischöfe an einem Tag gemeinsam zu feiern; Erzbischof Hans Josef Becker bewahrte sie durch Verlegung ihres Gedenktages vor der Verdrängung durch ein gesamtkirchliches Fest. Das Erzbistum weiß sich an diesem Tag – 7. August – veranlaßt, das Wirken ihrer Vorsteher zu betrachten und ihren Glauben nachzuahmen. „In der irdischen Liturgie … verehren wir das Gedächtnis der Heiligen und erhoffen Anteil und Gemeinschaft mit ihnen“, wie die Konzils-Constitution „Sacrosanctum Concilium“ (Nr.6) sagt.                                                 

(H.-J. Rick, 29.09.2018)